Lösungsmittelkleben
Medizinprodukte machen knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen eines Krankenhauses aus. Wie können wir sie nachhaltiger gestalten?
Kunststoffe sind aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren und innovative Lösungen für die Zukunft zu finden. In diesem Artikel betrachten wir die Umweltwirkung, kritische Inhaltsstoffe und die Möglichkeit einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Ressourcen basiert.
Kunststoffe sind vielseitig einsetzbar und spielen eine wichtige Rolle in zahlreichen Branchen. Von der Sonnenbrille bis zum Tablettenblister begegnet uns das kostengünstige, leichte und vielseitige Material ständig im Alltag. Dennoch stehen Kunststoffe, heute mehr denn je, in der Kritik. Grund dafür ist ihre Umweltwirkung: Massiver Einsatz von fossilem Erdöl, hoher Energieverbrauch bei der Herstellung, der Verbleib von Mikroplastik in der Umwelt und teilweise auch wegen gesundheitskritischer Bestandteile wie Bisphenol A, Formaldehyd oder Styrol. Kunststoffe sind zwar auch heute bereits in den meisten Anwendungsfällen weniger ressourcenhungrig als Alternativmaterialien. Klar ist aber auch: Das beliebte und fast überall eingesetzte Material Kunststoff muss weiterentwickelt werden. Wie kann das gelingen? Das schauen wir uns jetzt im Detail an!
#Kurzgesagt
Kunststoffe sind synthetische Materialien, die sich durch ihre Formbarkeit, Haltbarkeit und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten auszeichnen. Sie werden aus fossilen Ressourcen (konventioneller Kunststoff) oder aus nachwachsenden Ressourcen (Biokunststoff) hergestellt und finden sich in zahlreichen Produkten, von simplen Verpackungen bis zu komplexen Anwendungen, wie etwa in Medizinprodukten.
Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff: Kunststoffe sind äußerst vielfältige Materialien, die sich in ihrer Zusammensetzung stark unterscheiden. Unterschiedliche Polymere, Füllstoffe und Additive sorgen in der Praxis für eine geradezu unbegrenzte Zahl verschiedener Kunststoffe.
Einige Kunststoffe werden aus endlichen fossilen Ressourcen hergestellt, während andere auf nachwachsenden Rohstoffen basieren und biologisch abbaubar sind. Folglich ist es wichtig zu wissen, und in der Debatte zu benennen, welche Kunststoffe in der Kritik stehen, und welche zukunftsfähig sind.
Problematisch, potenziell von kommenden Regulierungen betroffen und damit nicht zukunftsfähig, sind Kunststoffe, die aus fossilen Ressourcen hergestellt werden, nicht recyclebar sind, sich also nicht für den Einsatz in einer Kreislaufwirtschaft eignen, als Mikroplastik in der Umwelt verbleiben und/oder potenziell gesundheitsschädliche Bestandteile beinhalten.
Ziel der EU ist die Entwicklung unserer bisher linearen Wirtschaft in Richtung einer Kreislaufwirtschaft [Q1]. Dabei werden Kunststoffe gesammelt, aufbereitet, und wieder verwertet. Aus Abfall entstehen sogenannte Wertströme. Daraus resultierend, werden am Anfang des Produktlebenslaufs weniger virgine & endliche Ressourcen benötigt und am Lebensende muss weniger Müll entsorgt werden.
Allerdings verliert Kunststoff mit zunehmender Anzahl an Recyclingvorgängen seine technischen Eigenschaften. Er degradiert und muss dann, ganz oder teilweise, durch virgines oder chemisch recyceltes Material ersetzt werden.
Abb.: Vereinfachte Darstellung einer Kreislaufwirtschaft
Auch die Tatsache, dass es viele verschiedene Arten von Kunststoffen gibt macht das Recycling zu einer komplexen Angelegenheit: Je nach Kettenlänge der Polymere und Seitenketten am Grundgerüst können die Eigenschaften grundverschieden und untereinander inkompatibel sein. So kann zum Beispiel das Material einer Flasche nur schlecht mit dem Material einer Folie gemischt werden. Es gibt auch immer einen gewissen Materialverlust, z.B. durch falsche Entsorgung oder Abrieb, der ersetzt werden muss. Außerdem wächst der Bedarf nach Kunststoff stetig.
Dementsprechend, reicht ein Recycling der heute meist verwendeten Kunststoffe alleine nicht aus. Auch die Gewinnung der Rohstoffe muss zukunftsfähiger gestaltet werden.
Biobasierte Kunststoffe werden aus nachwachsenden Ressourcen gewonnen, etwa aus Stärke oder Zucker. Wie konventionellen Kunststoffe auch, werden Biokunststoffen Additive beigemischt um bestimmte Eigenschaften zu erhalten. Sie können je nach Rezeptur dieselben technischen Eigenschaften erreichen und sind sogar für den Einsatz in komplexeren Anwendungen, wie der Medizintechnik, geeignet.
Biokunststoffe sind ebenfalls recyclebar und damit geeignet für den Einsatz in der beschriebenen Kreislaufwirtschaft – im Falle von chemischem Recycling sogar für den erneuten Einsatz in Medizintechnikprodukten.
Kurzgesagt: Ein zukunftsfähiger Kunststoff wird aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen.
#Kurzgesagt
Es wird bereits an der Herstellung von Kunststoffen direkt aus CO2 oder sekundärer Biomasse geforscht. Für Letzteres gibt es sogar schon Technologien, die aber oft nur in einem Pilotmaßstab zur Verfügung stehen bzw. noch teurer und energieintensiver sind als die Nutzung von Zucker oder Stärke, also primärer Biomasse. Aus nachhaltigkeitsgründen wird langfristig die Nutzung von Bio-Reststoffströmen der Standard werden, auf den auch wir setzen.
Carmen Rommel, Co-Gründerin von BIOVOX
Zu den kritischen Inhaltsstoffen zählen solche, die gesundheitsschädlich oder potenziell gesundheitsschädlich sind, oder aber nicht schadlos vom Körper abgebaut werden können. Das können die Polymere selbst, ihre Ausgangsstoffe oder aber Additive sein. Letztere werden etwa beigemischt, um bestimmte Eigenschaften zur erhalten.
Ein Beispiel für kritische Polymere sind die viel diskutierten PFAS. Diese sogenannten Ewigkeits-Chemikalien verbleiben, wie der Name schon sagt, „ewig“ im Organismus oder der Umwelt. Wie manche dieser Verbindungen im Körper oder der Umwelt wirken, ist noch nicht ausreichend erforscht und damit risikobehaftet. Anders ist das bei Substanzen, die potenziell gesundheitsschädlich sind. Wir wissen, dass sie potenziell hormonelle Störungen verursachen, das Krebsrisiko steigern und weitere Gesundheitsprobleme hervorrufen können. Polycarbonate (PC) etwa können je nach Syntheseweg bzw. je nach den verwendeten Präkursoren hormonell wirksames BPA enthalten. Ein anderes Beispiel sind kritische Weichmacher, die meist in Polyvinylchlorid (PVC) enthalten sind.
Kunststoffe, die kritische Substanzen beinhalten laufen Gefahr in naher Zukunft verboten oder nur noch eingeschränkt zugelassen zu sein. Kurzgesagt: Ein zukunftsfähiger Kunststoff, bzw. dessen Rezeptur, muss bioverträglich sein um langfristig zu bestehen
#Kurzgesagt
„Leider bleiben diese Zusatzstoffe häufig nicht einfach im Kunststoff, sondern werden wieder freigesetzt […] Auf diese Weise oder über Hautkontakt gelangen sie in unseren Körper.“
Verbraucherzentrale [Q2]
Kunststoffe sind vielfältig, aber nicht alle sind zukunftsfähig. Endsprechende kommende Regularien der EU könnten einige Kunststoffe aus dem Markt drängen, und andere fördern. Um den Zielzustand nahe zu kommen, also Abfall zu vermeiden, Ressourcen zu schonen, CO2-Emissionen und Mikroplastik zu reduzieren, eignen sich recycelbare Kunststoffe aus nachwachsenden Ressourcen ohne gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe. Klar ist: Die Kunststoffindustrie steht vor Veränderungen, und umweltfreundliche Lösungen sind entscheidend. Wer vorangeht kann profitieren: Ein rechtzeitiger Umstieg auf nachhaltige Materialien kann Marktchancen, und damit finanzielle Vorteile mit sich bringen.
Quellen
Sie wollen sich weiter in die Thematik vertiefen?
Für die Erstellung dieses Blogartikels, haben wir verschiedene Quellen herangezogen. Diese sind im Text an der jeweiligen Stelle markiert [Q…], und hier zu finden:
[Q1] EU Circular Economy Action Plan
[Q2] Verbraucherzentrale
Zeit für einen kurzen #Wissens-Snack?
Mehr BIOVOX Wissen
Medizinprodukte machen knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen eines Krankenhauses aus. Wie können wir sie nachhaltiger gestalten?
Medizinprodukte machen knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen eines Krankenhauses aus. Wie können wir sie nachhaltiger gestalten?
Neu verpackt: Wie sieht die Verpackung der Zukunft in der Pharmaindustrie aus?
In diesem Artikel betrachten wir, wie aus Krankenhausabfällen Wertströme generiert und mittels Recycling der Produktion neuer Medizinprodukte und Pharmaverpackungen zugeführt werden können. Kurzgesagt: Wie Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen gelingt.
In diesem Artikel betrachten wir, wie aus Krankenhausabfällen Wertströme generiert und mittels Recycling der Produktion neuer Medizinprodukte und Pharmaverpackungen zugeführt werden können. Kurzgesagt: Wie Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen gelingt.
Sie haben Ihre Produkte auf Biokunststoff umgestellt – super, aber wie kommunizieren Sie das Ihrer Zielgruppe? In diesem Artikel klären wir, wie man Nachhaltigkeit authentisch kommuniziert.
BIOVOX 2024