Lösungsmittelkleben
Medizinprodukte machen knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen eines Krankenhauses aus. Wie können wir sie nachhaltiger gestalten?
Verpackungen für pharmazeutische Produkte, wie Tablettenblister, Pillendosen & Flaschen stehen vor einer neuen Herausforderung: Neben dem Schutz ihres Inhaltes, ist Nachhaltigkeit von zunehmender Bedeutung. Wie das gelingt, welche Regulatorik zu beachten ist und was zwei Branchenexperten zur Zukunft der Pharmaverpackung sagen, liest Du in diesem Artikel.
Pharmaverpackungen, wie zum Beispiel Tablettenblister, müssen in erster Linie ihren Inhalt schützen. Dabei ist neben dem Schutz vor mechanischer Beschädigung in erster Linie ein chemischer Schutz durch hohe Barriereeigenschaften gemeint. Gelangen etwa Sauerstoff oder Wasserdampf in die Verpackung, können ungewollte Reaktionen zu einer Veränderung des Wirkstoffs und einer vorzeitigen Alterung führen. Dafür setzt die Branche, abseits von Glasflaschen und -ampullen, vor allem auf fossile Kunststoffe wie PVC, PET oder PP. Und selbst traditionelle Glasverpackungen werden zunehmend auch von Spezialkunststoffen wie COC adressiert – ebenfalls auf Erdölbasis.
Der Gesetzgeber hat nun aber mit Verpackungsrichtlinie und Klimaschutzgesetz den regulatorischen Hebel an der Pharmaverpackung angesetzt.
Das Problem mit heutigen Blistern, Flaschen und Co.: Herstellung & Entsorgung verursachen hohe CO2-Emissionen. Und bei der Verbrennung von PVC entsteht Anlagen zerstörende Salzsäure sowie Dioxine wie TCCD. Das macht die Entsorgung teuer – für Kliniken oder das Gemeinwesen. Hinzu kommt, dass heutige Verpackungen oft aus nicht recyclingfähigen Mehrschichtfolien bestehen. Damit sind sie nicht oder nur ebenfalls erhöhtem Aufwand und damit höheren Kosten für den Einsatz in einer Kreislaufwirtschaft geeignet.
Wie also schaffen wir es, Verpackungslösungen zu entwickeln, die den strengen regulatorischen Anforderungen entsprechen, leistungsfähig und gleichzeitig kostengünstig und klimafreundlich sind? Das schauen wir uns jetzt im Detail an.,
Die Regulierung von Pharmaverpackungen übernimmt in der EU die EMA (European Medicines Agency). In ihrer „Guideline on plastic immediate packaging materials“ sind Richtlinien und Anforderungen festgelegt, an die sich Hersteller von Pharmaverpackungen halten müssen. So müssen sie zum Beispiel in Extraktionsstudien nachweisen, dass aus der Verpackung keine schädlichen Stoffe in die Arzneimittel gelangen – sogenannte Leachables und Extractables. Und dass keine Wechselwirkungen zwischen Verpackungsmaterial und Medikament auftreten; das wird in Interaktionsstudien nachgewiesen.
Die genaue Auslegung der Verpackung hängt maßgeblich von der Art des pharmazeutischen Produktes ab. Primärverpackungen für flüssige Impfstoffe etwa müssen besonders hohe Anforderungen erfüllen. Bei Verpackungen für feste Pharmazeutika reicht oftmals eine Lebensmittelzulassung, die Nennung des Polymers und die Nennung von beigefügten Zusätzen nach der European Pharmacopeia aus. In letzterer sind für die etablierten Kunststoffe standardisierte Testmethoden und Anforderungen verankert.
Für alternative (Bio-)Kunststoffe kann eine gesonderte Zulassung erforderlich sein, die jedoch von den Richtlinien der EMA abgedeckt wird.
Offizielles Nachschlagewerk, das Standards und Qualitätsanforderungen für Arzneimittel und medizinische Produkte festlegt und als Leitfaden für deren Herstellung, Prüfung und Anwendung dient. Es beinhaltet unter anderem standardisierte Testmethoden und Anforderungen für Kunststoffe.
Europäische Agentur, die für die Bewertung und Zulassung von Arzneimitteln in der Europäischen Union zuständig ist. Unter anderem legt sie regulatorische Vorschriften und Leitlinien für die Verwendung von Kunststoffen in der Pharmaindustrie fest.
Die Europäische Verpackungsrichtlinie besagt im Wesentlichen, dass die Menge an Verpackungsmüll und deren Auswirkung auf die Umwelt verringert werden soll. Sie betrifft auch Pharmaverpackungen und fordert die vollständige Recyclingfähigkeit aller Verpackungen bis 2030. Eine Ausnahme für Primärverpackungen in direktem Produktkontakt gilt nur noch bis 2035.
Danach muss auch hier die Recyclingfähigkeit gewährleistet sein und es müssen – gesamtwirtschaftlich – Recyclingquoten erfüllt werden. Dabei gibt es einige Herausforderungen. Verbundfolien mit hoher Wasserdampf- und Sauerstoffbarriere etwa sind nicht oder nur schwierig recycelbar, da die unterschiedlichen Polymere wieder separiert werden müssen.
Klar ist: Neue Verpackungslösungen und -materialien sind gefragt, wie unser biobasiertes MedEco XCD mit extra hoher Barrierewirkung, die PVC und PET übertrifft. Wir haben die Grundlagen gelegt und sind nun offen für Pilotprojekte mit Kunden!
Die Verpackungs- und Verpackungsabfallrichtlinie (94/62/EG), überarbeitet durch die Richtlinie (EU) 2018/852, setzt klare Ziele für das Recycling von Verpackungsabfällen und gibt auch spezifische Recyclingziele für verschiedene Materialien vor:
Bis 2025: 50% für Kunststoffe, 75% für Glas, 85% für Papier und Karton, 80% für Metalle, 75% für Holz.
Bis 2030: 55% für Kunststoffe, 80% für Glas, 85% für Papier und Karton, 90% für Metalle, 85% für Holz.
Die Anteile beziehen sich auf das Gewicht der Verpackungsabfälle.
Abb.1: Kommende Regulierung zur Recyclingquote in der >>Europäische Verpackungsrichtlinie
Was sagen eigentlich Hersteller von Pharma-Verpackungsmaschinen zur Zukunft der Verpackung?
Wir haben bei der KOCH Pac-Systeme GmbH nachgefragt, was die Pharmaverpackung der Zukunft aus können muss:
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) wurde gegründet, um die sichere Verwendung von Chemikalien zu fördern. Sie verwaltet unter anderem das REACH-System, welches die Registrierung und Überwachung von Chemikalien in der EU regelt. Die ECHA veröffentlicht eine >>Liste über die Absichten und Vorschläge zur Beschränkung von kritischen Stoffen. In dieser Liste kann der Fortschritt der Prüfung beobachtet werden. Zu finden sind hier aktuell etwa Bisphenole und in PVC oft eingesetzte, kritische Substanzen.
Pharmaverpackungen bestehen heute praktisch immer aus konventionellen Kunststoffen, meistens aus PVC, manchmal aus PET, PP oder PE. Polyvinylchlorid (PVC) etwa enthält oft Weichmacher, und diese stehen teilweise im Verdacht, reproduktionstoxisch wirksam zu sein. Polyethylen (PE) wie unser MedEco XYI und Polypropylen (PP) sind physiologisch in aller Regel unkritisch. Hier ist das Recycling ambivalent: während ein mechanisches Recycling in Monomaterialien sehr gut möglich ist, ist ein medizin- und pharmakonformes, chemisches Recycling im Vergleich mit Polyestern nur ineffizient möglich. Das muss im Kontext eines „Downcyclings“ in großvolumige Industrieanwendungen nicht per se schlecht sein. Allerdings haben PE und PP eine geringere Barrierewirkung als z.B. PET, PVC oder MedEco XCD.
Aufgrund möglicher Regulierung besorgniserregender Stoffe, etwa durch die ECHA, und der von der EU vorangetriebenen Kreislaufwirtschaft, lohnt es sich also schon jetzt, auf Polymere und Rezepturen umzusteigen, die zukunftsfähig sind.
Verpackungsmaterialien sind oft eine Kombination mehrerer dieser Kunststoffe (siehe Abbildung 2). Solche Verbund- oder Mehrschichtfolien nutzen mehrere Materialien, um unterschiedliche Eigenschaften miteinander zum kombinieren. Ziel ist ein optimaler Schutz des Inhaltes. Dabei gibt es zwei potenzielle Kritikpunkte: Erstens die potenzielle Gefährdung für den Anwender, wenn im Mehrschichtsystem kritische Substanzen enthalten sind. Und zweitens die erschwerte oder nicht mögliche Recyclingfähigkeit aufgrund des komplexen Aufbaus.
Welche konkreten Alternativen es gibt, das haben wir Kunststoffexperte Vinzenz Nienhaus gefragt:
Von konventionellen Kunststoffen auf Biokunststoffe umzusteigen, bietet eine zukunftssichere Alternative: Biokunststoffe weisen teils sogar bessere Eigenschaften auf.
Zum Beispiel hat MedEco XCD eine erhöhte Barrierewirkung gegen Wasserdampf und Sauerstoff gegenüber PET, unsere Materialien haben oft höhere mechanische Festigkeiten und weisen niedrigere Verarbeitungstemperaturen auf, die Energie bei der Herstellung sparen. Unsere MedEco-Qualitäten erfüllen die Sicherheitsanforderungen für pharmazeutische Produkte, sind einfach in den heutigen Herstellungsprozessen zu verarbeiten – und das zu konkurrenzfähigen Preisen. Sie bestehen aus erneuerbaren Ressourcen, sind kreislauffähig und sparen heute schon bis zu 85% der CO2-Emissionen ein – mit Net-Zero-Potenzial in den kommenden Jahren.
In den verschiedenen Abschnitten dieses Artikels haben wir einige Richtlinien, Gesetzte und Verordnungen erwähnt. Tatsächlich gibt es noch ein paar mehr. Welche Richtlinien Pharmaverpackungen direkt betreffen oder tangieren haben wir im folgenden Kasten noch einmal zusammengefasst:
Die Pharmaindustrie muss, wie alle anderen Branchen auch, ihre Umweltwirkung reduzieren. Ein Faktor dabei ist die Herstellung und Entsorgung von Pharmaverpackungen aus Kunststoff. Bisher wurden dafür meist konventionelle Kunststoffe aus fossilen Ressourcen eingesetzt. Diese haben jedoch eine hohe Umweltauswirkung und enthalten teilweise potenziell gesundheitsschädliche Substanzen. Die EU fordert über die Verpackungsrichtlinie die vollständige Recyclingfähigkeit bis 2030 und über das Klimaschutzgesetz einen drastisch reduzierten CO2-Fußabdruck. Mit unseren MedEco Biokunststoffen bieten wir eine Lösung für diese Kombination: Sie sind recyclingfähig und haben einen um bis zu 85% reduzierten CO2-Fußabdruck.
Um wettbewerbsfähig und zukunftsorientiert zu bleiben, ist es in jedem Fall ratsam, sich frühzeitig mit der kommenden Regulatorik und umweltfreundlichere Alternativen zu beschäftigen.
Sie brauchen dabei Unterstützung? Dann kontaktieren sie uns gerne!
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